Geistliche Angebote

Psalm, Lieder und Gebete von Pfarrerin Brigitte Schöne

 

 

Liebe Leserinnen und Leser, ich begrüße Sie herzlich.

Heute gedenken wir des Kreuzestodes Jesu Christi.
Er hat alles menschliche Leid erlitten.
Die Schuld der Menschen hat er ertragen müssen.
Er hat sie auf sich genommen und überwunden.

Heute hier -in diesem Gottesdienst- zu sein, verlangt uns einiges ab. Wir schauen auf das Schlimmste, was Menschen Menschen antun können.

Tagtäglich haben wir solchen Horror vor Augen. Die Bilder und Berichte davon erreichen uns von weit her, aus aller Welt. Sie berühren uns zutiefst. Und: Wir haben genug davon.

Mit den Passionsberichten der Evangelien kommt uns am Karfreitag das Leiden und Sterben Jesu vor Augen und Ohren. Die Evangelisten sagen uns das alles, weil wir wissen sollen: Jesus hat alles erduldet, um den Menschen ganz nahe zu sein, auch im Sterben,
Sie geben die Botschaft weiter, dass Jesus uns aus der Gewalt des Todes befreit.
So beginnen wir den Gottesdienst mit der Bitte, Gott möge sich unser und all unserer Begrenztheit erbarmen.

Kyrie eleison. Christe eleison. Kyrie eleison

Mit Jesu Worten beten wir:
Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Psalm 22

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.

Mein Gott, des Tages rufe ich,
doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Aber du bist heilig,
der du thronst über den Lobgesängen Israels.

Unsere Väter hofften auf dich;
und da sie hofften, halfst du ihnen heraus.

Zu dir schrien sie und wurden errettet,
sie hofften auf dich und wurden nicht zuschanden.

Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe;
denn es ist hier kein Helfer.

Aber du, Herr, sei nicht ferne;
meine Stärke, eile, mir zu helfen!

 

Lied

Christe, du Lamm Gottes (EG 190,2)

Christe, du Lamm Gottes,
der du trägst die Sünd der Welt,
erbarm dich unser.

Christe, du Lamm Gottes,
der du trägst die Sünd der Welt,
erbarm dich unser.

Christe, du Lamm Gottes,
der du trägst die Sünd der Welt,
gib uns deinen Frieden. Amen.

https://youtu.be/bjIss3Kko9k

 

Gebet

Gott,
am letzten Sonntag war Palmsonntag,
dann Montag, Dienstag, Mittwoch: Alltag
da haben wir Jesus aus den Augen verloren,
doch nun sind wir wieder dabei

manche schon seit gestern Abend
Gründonnerstag,
als die letzten Vorbereitungen getroffen wurden
und man sich allenthalben rüstete für Golgatha.

Heute ist Tag der Kreuzigung.
Wir begeben uns hinein in die Geschichte von damals
und sehen hin, auf die Passionen von heute
Karfreitag ist nicht vergangen.

Der Karfreitag ist die Hölle:
eine Hölle von Menschen für Menschen erdacht und gemacht
erkauft und in Kauf genommen.
Wie viele Menschen, Deine Söhne und Töchter,
sind schon durch solche Höllen gegangen!
Wie viele unter denen Menschen wurden verkauft und verraten, gefangen und ausgeliefert
und kämpfen ums Überleben!

Mein Gott, es kann einem übel werden,
wenn man wirklich hinschaut auf das Leid:
ans Kreuz von Golgatha
oder an all‘ die anderen Kreuze, an denen Menschen hängen:

Männer und Frauen, Söhne und Töchter
Väter und Mütter
Freunde und Freundinnen, Alte und Junge
Familien, Völker.

An manchen Kreuzen gehen wir achtlos vorbei,
über andere zu leicht hinweg:
Es gibt auch unsichtbare Kreuze und stilles Leiden
und auch billigen Trost: Es wird schon nicht so schlimm sein.

Das Kreuz von Golgatha macht es uns schwer -
das achtlos vorbeigehen, leicht darüber hinweggehen
es stößt uns auf das Anstößige in all diesem Leid
und das ist notwendig; wir haben es nötig.

So halten wir inne und halten wir aus, am Karfreitag
mit Jesus, Maria, und all den anderen: tapfer –
und in der Erwartung, dass uns ein Licht aufgeht.
damit wir sehen und verstehen.

Öffne uns die Augen und Herzen, Gott!
Das bitten wir im Namen Jesu
und für alle Gekreuzigten dieser Welt. Amen.

 

Evangelium

Matthäus 27, Verse 33-54

Und als sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und zogen ihm seine Kleider an und führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen. Und als sie hinausgingen, fanden sie einen Menschen aus Kyrene mit Namen Simon; den zwangen sie, dass er ihm sein Kreuz trug.

Und als sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha, das heißt: Schädelstätte, gaben sie ihm Wein zu trinken mit Galle vermischt; und da er’s schmeckte, wollte er nicht trinken. Als sie ihn aber gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider und warfen das Los darum. Und sie saßen da und bewachten ihn. Und oben über sein Haupt setzten sie eine Aufschrift mit der Ursache seines Todes: Dies ist Jesus, der Juden König. Da wurden zwei Räuber mit ihm gekreuzigt, einer zur Rechten und einer zur Linken. Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen: Der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz! Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Er ist der König von Israel, er steige nun herab vom Kreuz. Dann wollen wir an ihn glauben. Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er Gefallen an ihm hat; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.

Desgleichen schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.

Von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. 46Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Einige aber, die da standen, als sie das hörten, sprachen sie: Der ruft nach Elia. Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. Die andern aber sprachen: Halt, lasst uns sehen, ob Elia komme und ihm helfe! Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen. Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!

 

Predigt

Liebe Leserinnen und Leser,

Am Karfreitag sind sie alle auf einmal da: die Gewaltgeschichten dieser Welt. Nicht das wir nicht auch sonst in unseren Gottesdiensten auf das Grau und das Schwarz dieser Welt schauen: Jedes Fürbittgebet nimmt auf, was uns auf der Seele liegt und worin wir - weil wir uns überfordert fühlen - Gott dringend bitten. Als Christenmenschen können wir ja die Augen nicht verschließen vor dem Schmerz und dem Leiden der Menschen.

Am Karfreitag aber ist es anders: Die Leidensgeschichte Jesu, die ganz konkrete Geschichte eines Menschen, wird uns vor Augen geführt. Damit werden die Gewaltgeschichten der Welt in die Mitte der Feier des christlichen Gottesdienstes gebracht.

Wir wollen das nicht. Wir sträuben uns dagegen. Zu schmerzhaft ist es.

Wohl auch deswegen – und nicht nur weil jetzt Ferienzeit ist – sind wir im Gottesdienst am Karfreitag wenige.

Ich habe lange überlegt, wie ich mit dem biblischen Text aus dem Matthäusevangelium, den wir vorhin hörten, in diesem Jahr umgehe. Die Nachrichten und Bilder, die uns die Nachrichtensender in der vergangenen Woche brachten, waren einfach zu schmerzhaft. Und dann die Leidensgeschichte Jesu…ich kann es nicht ertragen. Ich habe überlegt, ob ich diesen biblischen Abschnitt im Matthäusevangelium lese… ob ich ihn lesen lasse… ob wir uns das alles einmal mehr zumuten…

Ja, es ist eine Zumutung.

Matthäus erzählt von Jesus als Gewaltopfer.

Damit steht Jesus nicht allein. Damit steht er schon in der Bibel in einer langen Reihe von Gewaltopfern, deren Leid zum Himmel schreit, denn ihnen ist keine Gerechtigkeit widerfahren. Und nach ihm ging es weiter, bis heute. Und es sieht – gerade jetzt wieder - nicht danach aus, dass es ein Ende findet.

Wir Karfreitagsbetende muten uns das Zuhören dennoch zu, weichen dem Blick auf das Geschehen nicht aus. Manchmal müssen wir zuschauen, ob wir wollen oder nicht. Wir sind keine Gaffer - wie die Zuschauenden auf der Jerusalemer Stadtmauer nahe der Todesstätte Golgatha. Nein, etwas in uns zwingt uns zuzuschauen, weil wir damit die Opfer nicht allein lassen. Da bleiben, Namen nennen, erinnern…damit geben wir den Geschundenen Würde in aller Würdelosigkeit.

So ist der Karfreitags-Gottesdienst ein Zeichen von Mitleid. Er ist ein Zeichen unserer Solidarität. Es ist unser Dienst an Jesus und damit an allen, die von Menschen geschunden und getötet werden. Und wir unterscheiden dabei nicht - das ist mir in diesen Tagen auch noch einmal deutlich geworden. Opfer bleiben Opfer.  Niemand, auch nicht in größter Wut, darf foltern. Dass in diesen Tagen so getan wird, als sei das legitim – dass ohne Scham gefolterte Menschen vor die Blicke der Welt geschoben werden – ist eine Erweiterung des Schreckens.

Nein, es ist nicht recht, niemals.

Das, was Jesus geschehen ist, ist ein Sinnbild für das, was Menschen geschieht, was ihnen angetan wird.

Navid Kermani, deutsch-iranischer Schriftsteller und Denker, selbst Muslim, schrieb einmal: »Ich kann im Herzen verstehen, warum Judentum und Islam die Kreuzigung ablehnen. Sie tun es ja höflich, viel zu höflich […]. Für mich formuliere ich die Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung…“

Doch dann kam Navid Kermani in seiner ganzen Weltoffenheit nach Rom, besuchte die Kirche San Lorenzo in Lucina und schreibt dazu: „Und nun saß ich vor dem Altarbild Guido Renis“ (Hier geht es um ein Bild, dass um 1640 entstanden ist und Jesus als Gekreuzigten zeigt). „Ich fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre“. Der Maler Guido Reni führt das Leiden aus dem Körperlichen ins Metaphysische über. Sein Jesus hat keine Wunden, es fließt kein Blut. In dem er so malt wird Navid Kermani deutlich, dass es nicht heißt, „warum hast du mich, nein, warum hast du uns verlassen? In dem Weglassen der einzelnen Zeichen von Gewalt und Leiden stirbt dieser Jesus stellvertretend für die Menschen, für alle Menschen, ist er jeder Tote, jederzeit, an jedem Ort.«

Jesu letztes Wort, der Verzweiflungsschrei, den Matthäus uns nicht erspart, markiert die tiefste Tiefe menschlichen Leidens und drückt alle Gottverlassenheit aus. Die Finsternis, von der Matthäus schreibt, die diesen Schrei begleitet, ist keine lokale Sonnenfinsternis (der Evangelist Lukas sieht das an anderer Stelle so), sondern: für Matthäus ist es eine universale Gottesfinsternis.  Gott hatte Licht erschaffen, am Anbeginn der Welt – nun ist kein Licht mehr. Für eine Zeit ist das Schöpfungswerk Gottes zurückgenommen.

Ja, das, was Jesus geschehen ist, ist ein Sinnbild für das, was Menschen geschieht, was ihnen angetan wird. Es wird finster auf der Erde.

Das aber ist eben auch ein Sinnbild für Gott: Seine Nähe endet nicht im Gegenüber zum Leiden seiner Menschen. Gott schaut nicht zu. Er erleidet in Jesus selbst. So können wir atemlos feststellen: Geht eine größere Nähe Gottes zu seinen Menschen, wenn er leidet wie zu viele unter den Menschen?

Es ist kein Licht mehr. Es ist finster.

Vom Evangelisten Matthäus hörten wir auch: der Vorhang im Tempel zerriss und zu all dem gab es noch ein Erdbeben… Wenn Matthäus so schreibt, von Finsternis, von unvermitteltem Zerreißen des Tempelvorhangs, von Erdbeben - dann will er uns eine Zeitenwende andeuten. Er will uns sagen: Es wird etwas kommen!

Mit dem Blick auf das Geschehen in der Ukraine, das Sterben in einer Konzerthalle in Moskau, das Leid im Gazastreifen… mit dem Blick all das Gekreuzigt werden auf unserem Planeten bleibt es für viele Menschen einfach nur finster. Zeitenwende ist nicht zu erspüren. Ein Triumpf über all das Böse scheint auch für uns distanziert zuschauende nur Zukunftsmusik. Nur eine Hoffnung.

Aber Hoffnung ist Lebenskeim.

Dieser Lebenskeim ist eingepflanzt. Ja, der Todeswelt ist der Lebenskeim eingepflanzt. Der lange Prozess einer Veränderung ist eingeleitet.

Mascha Kalèko schrieb einmal:

Die Nacht,
in der
das Fürchten
wohnt,

hat auch
die Sterne
und den
Mond.

Amen. Und der Frieden Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

 

Lied

Bleibet hier und wachet mit mir (EG 789.2)

Bleibet hier und wachet mit mir.
Wachet und betet, wachet und betet.

https://youtu.be/5QN9xJEyu7s

 

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Amen.

 

Mit herzlichen Grüßen, Ihre Pfarrerin Brigitte Schöne

Wenn Sie Fragen oder Anregungen zu diesem Gottesdienst haben, dürfen Sie mir gerne schreiben: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Informationen

Die nächsten Gottesdienste feiern wir am Ostersonntag, den 31.03.2023 als Frühandacht um 06.30 Uhr. Treff am Eingang des Parkfriedhofs. Mit Pfrn. B. Schöne, S. Jacoangeli, Amelie und Theo Wolf. Bitte beachten Sie die Zeitumstellung.

Gottesdienst mit Abendmahl und Kindergottesdienst um 10.00 Uhr. Pfrn. Schöne, Katja Tobolewski und Georgia Washington.  Musik: Dorina Adelsberger (Orgel) und Victor Petroff (Flöte).

Ostermontag, den 01.04.24, 11.00 Uhr, Regionalgottesdienst in der Petruskirche (Oberhofer Platz), Pfarrerin Beate Hornschuh.

 

Kollektensammlung

Die Kollekte sammeln wir heute für die Hospiz- und Trauerarbeit in unserer Landeskirche und für die Seelsorge in unserer Gemeinde (Zusendung von Andachten uvm.)

Spendenkonto: IBAN: DE34 5206 0410 1803 9663 99
BIC: GENODEF1EK1
Kennwort: Kollekte 29.3.2024 (und gewünschter Verwendungszweck)

Wir leiten Ihre Kollekte ggf. weiter! Gern senden wir auch eine Spendenbescheinigung zu.