Andacht, Lieder, Fürbitten von Prädikant Hajo Fentz
Emil Nolde (1912): Der ungläubige Thomas (Bildausschnitt)
„Mein Herr und mein Gott“
„Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ – so grüßen sich Christinnen und Christen seit 2000 Jahren. Dass Christus den Tod besiegt hat, dass Jesus lebt: das ist für die Christenheit essentiell – und doch gleichzeitig unbegreiflich – damals wie heute:
die drei Frauen am Grab rennen entsetzt weg, als sie das offene Grab sehen. Maria Magdalena und die Jünger gehen anfangs von Grabräubern aus; und Thomas, der Ungläubige, sagt es ganz klar und deutlich: „Erst will ich selbst die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehen. Mit meinem Finger will ich sie fühlen. Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.“
Jesu Leben und Tod und Auferstehung: eine Zumutung für unseren Verstand.
Und die Welt, in der wir leben: ein ständiges Fragen nach der Existenz Gottes.
Martin Luther gibt sich und uns daher folgenden Rat: „es gibt Augenblicke, da musst du vor Gott / zu Gott fliehen. Weg vom verborgenen Gott, und hin zum Gott der Hoffnung und des Dennoch: dich fest halten an seinen Zusagen!“
Versuchen wir also, mit Thomas zu bekennen: „mein Herr und mein Gott!“.
Versuchen wir´s also, mit Luther zu halten: von Gott / zu Gott fliehen.
Lied
„Jesus lebt, mit ihm auch ich“ (EG 115, 1, 2, 5, 6)
Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken?
Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken.
Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.
Jesus lebt! Ihm ist das Reich über alle Welt gegeben;
mit ihm werd auch ich zugleich ewig herrschen, ewig leben.
Gott erfüllt, was er verspricht; dies ist meine Zuversicht.
Jesus lebt! Ich bin gewiss, nichts soll mich von Jesus scheiden,
keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden.
Er gibt Kraft zu dieser Pflicht; dies ist meine Zuversicht.
Jesus lebt! Nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben.
Welchen Trost in Todesnot wird er meiner Seele geben,
wenn sie gläubig zu ihm spricht: Herr, Herr, meine Zuversicht!
https://www.youtube.com/watch?v=VRTT5qFLGXw
Psalm
Anstelle des Psalms beten wir den Hymnus aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer:
Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen
Was sollen wir noch mehr sagen?
Wenn Gott für uns ist, wer kann sich dann noch gegen uns stellen?
Er hat ja seinen eigenen Sohn nicht verschont. Vielmehr hat er ihn für uns alle
in den Tod gegeben.
Wenn er uns aber seinen Sohn geschenkt hat, wird er uns dann nicht auch alles andere schenken?
Wer kann also Anklage erheben gegen die Menschen, die Gott ausgewählt hat? Gott selbst erklärt sie doch für gerecht!
Wer kann uns da noch verurteilen?
Schließlich tritt doch Christus Jesus für uns ein – der gestorben ist, mehr noch:
der auferweckt wurde und an der rechten Seite Gottes sitzt.
Was kann uns von Christus und seiner Liebe trennen?
Etwa Leid, Angst oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder gar die Hinrichtung?
Schließlich heißt es ja in der Heiligen Schrift: „Weil wir uns zu dir bekennen, bedroht man uns täglich mit dem Tod. Wie Schlachtvieh werden wir behandelt.“
Doch aus alldem gehen wir als strahlende Sieger hervor. Das haben wir dem zu verdanken, der uns so sehr geliebt hat.
Ich bin zutiefst überzeugt: Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen –
nicht der Tod und auch nicht das Leben,
keine Engel und keine weltlichen Mächte,
nichts Gegenwärtiges und nichts Zukünftiges
und auch keine andere gottfeindliche Kraft.
Nichts Über- oder Unterirdisches
und auch nicht irgendetwas anderes, das Gott geschaffen hat:
nichts von alledem kann uns von der Liebe Gottes trennen.
In Christus Jesus, unserem Herrn, hat Gott uns diese Liebe geschenkt.
Gebet
Gott,
neue Hoffnung gibst du mir, wenn ich ängstlich bin.
Freude verheißt du mir, wenn ich traurig bin.
Glauben schenkst du mir, wenn ich zweifle.
Stärke und Zuversicht bekomme ich von dir, wenn ich mir wenig zutraue.
Leben versprichst du mir, mein Herr und mein Gott, Leben in Fülle.
Hab Dank dafür.
Evangelium
(Johannes 20, 24 – 29)
Thomas, der auch Didymus genannt wird, gehörte zum Kreis der Jünger. Er war nicht bei ihnen gewesen, als Jesus zum ersten Mal zu ihnen gekommen war.
Die anderen Jünger hatten ihm aber davon berichtet: „Wir haben den Herrn gesehen!“
Er entgegnete ihnen: „Erst will ich selbst die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehen. Mit meinem Finger will ich sie fühlen. Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.“
Acht Tage später waren die Jünger wieder beieinander. Diesmal war Thomas bei ihnen.
Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: „Friede sei mit euch!“
Dann sagte er zu Thomas: „Leg deinen Finger hierher und sieh meine Hände an. Streck deine Hand aus und leg sie in die Wunde an meiner Seite. Sei nicht länger ungläubig, sondern komm zum Glauben!“
Thomas antwortete: „Mein Herr und mein Gott!“
Da sagte Jesus zu ihm: „Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Glückselig sind die, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!“
Glaubensbekenntnis
mit dem
Lied
„Wir glauben Gott im höchsten Thron“ (EG 184)
www.youtube.com/watch?v=_xCK3lTQe2w
Predigt
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Liebe Gemeinde,
die Erzählung aus dem Johannes-Evangelium kennen wir ja unter der Überschrift: der ungläubige Thomas. Doch das ist eigentlich völlig falsch und wird diesem Freund Jesu überhaupt nicht gerecht. Viel besser würde es nämlich heißen: Thomas, der vorbildliche Zweifler!
Die ganze Geschichte besteht ja eigentlich aus zwei Teilen. Der erste Teil ereignet sich eine Woche nach Ostern, also am heutigen Sonntag vor knapp 2000 Jahren:
die Jünger waren beisammen, hatten sich aber ängstlich eingeschlossen, denn als Anhänger eines hingerichteten Aufrührers hätten auch sie ja noch gekreuzigt werden können. Plötzlich kommt der auferstandene Jesus quicklebendig zu ihnen ins Zimmer, zeigt ihnen seine Wunden, beschenkt sie mit dem Heiligen Geist und beauftragt sie, sein Werk fortzusetzen. Thomas ist aus irgendwelchen Gründen bei dieser entscheidenden Begegnung nicht dabei: da hat einer Ostern verpasst.
Aber die Jünger berichten Thomas hinterher, was sie erlebt haben. Ihren Tonfall kennen wir nicht: haben sie es zögerlich gesagt, halb ungläubig, weil sie es nicht wirklich verstehen und fassen konnten? Oder froh, aufgeregt, enthusiastisch?
Wir wissen es nicht. Aber wir kennen die Reaktion des Thomas: ihm reicht das Erzählen seiner Freunde nicht; er weigert sich, nur vom Hören-Sagen zu glauben, nur weil Andere etwas behaupten. Zweifel und Skepsis bleiben, und Thomas pocht darauf: „erst will ich selbst die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehen. Mit meinem Finger will ich sie fühlen. Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.“
Wenn es also um etwas so Glaubensentscheidendes geht, dann genügen Worte allein nicht. Wenn es um Glaubensentscheidendes geht, dann muss ich meine eigene Erfahrung machen und dem lebendigen Jesus persönlich begegnen!
Und: so passiert es dann auch!
Das erste Ostern hat Thomas zwar verpasst, doch eine Woche später kommt Jesus noch einmal zu seinen Freunden – und diesmal ist Thomas dabei. Es ist für ihn nicht zu spät, eine Woche später ist wieder Ostern.
Übrigens nicht nur für Thomas, sondern auch für die restlichen Zehn ist nochmal Ostern. Und auch sie haben es nötig! Denn obwohl ihre letzte Begegnung mit dem lebendigen Herrn gerade mal eine Woche her ist, hat das Erlebte scheinbar nicht sehr nachhaltig; denn: wieder sitzen sie voller Angst zusammen. Wieder haben sie sich eingeschlossen. Und wieder muss Jesus ihnen genau dasselbe sagen wie eine Woche zuvor:
Friede sei mit euch! Mitten in eurer Angst um euer Leben und eure Zukunft. Und:
Friede sei mit dir, Thomas! Mitten in deinem Zweifel, mitten in deinem Wunsch nach eigener, persönlicher Erfahrung: hier bin ich!
Erst jetzt – aber jetzt – wird aus dem ungläubigen Thomas: der vorbildliche Zweifler.
Jetzt erfährt er ganz persönlich, dass Jesus auferstanden ist und lebt.
Jetzt ist auch für Thomas Ostern geworden, und er bekennt: „mein Herr und mein Gott!“
Übrigens – und auch gut zu wissen für uns: für Thomas und die übrigen Freunde Jesu gibt es eine weitere Fortsetzung, denn ein Kapitel später wiederholt sich die Jesusbegegnung: da ist Thomas schon längst wieder in seinem Alltag angekommen als Fischer auf dem See Genezareth. Und es läuft gar nicht rund bei der Arbeit: er und Petrus und einige der anderen Jünger arbeiten die ganze Nacht vergeblich, die Netze bleiben leer, sie fangen keinen einzigen Fisch.
Das eindrückliche Glaubensbekenntnis vom Kapitel zuvor bewahrt Thomas nicht vor Frustrationen und Mühen des Alltags. Das „mein Herr und mein Gott“ zaubert ihm kein ständiges religiöses Hochgefühl in die Magengegend oder ein seliges Dauerlächeln ins Gesicht.
Jesus begegnet also dem Thomas und den Anderen erneut, wohl wissend, dass sie eine Begegnungsauffrischung mit ihm dringend nötig haben – denn das brauchen ihre ängstlichen Seelen.
Er lädt sie ein, sich mit ihm ums morgendliche Lagerfeuer zu setzen zum Frühstück mit Brot und Fischen – wohl wissend, was ihre Körper gerade brauchen, und was ihnen jetzt guttut.
Und zu guter Letzt füllt er ihnen auch noch die Netze…
Jesus schenkt seinen Freunden neue Erfahrungen mit ihm, dem Auferstandenen. Mitten im Leben, mitten im Alltag…
So war das damals bei Thomas und den Jüngern.
Und so ist das auch heute noch bei uns und allen, die an Gott glauben und an Gott glauben wollen: Jesus kommt uns entgegen – anders zwar, als den Jüngern am See Genezareth – aber spürbar und immer wieder.
An jedem Tag kann es wieder Ostern werden für uns;
an jedem Tag, an dem wir offen sind für die Begegnung mit ihm.
An jedem Tag, wo wir vorbildlich zweifelnd sagen:
Ja, Jesus, dir folge ich – zumindest den nächsten Schritt.
Ja, Jesus, dir vertraue ich – oder will es zumindest heute versuchen.
Gib du den Ton an in meinem Leben und übertöne all die anderen Klänge:
Jesus, mein Herr und mein Gott!
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Lied
„Meine Hoffnung und meine Freude“ (SJ 143)
https://www.youtube.com/watch?v=4V89ltFuHAQ
Fürbittengebet
Mein Herr und mein Gott,
in dir steht das Unbegreifliche vor uns,
mit dir wird das Unmögliche wahr: du bist wahrhaftig auferstanden!
Können wir glauben, auch wenn wir nicht sehen?
Für alle, die nach dir fragen,
die dich suchen wie die Luft zum Atmen,
die sich sehnen nach Frieden und Freiheit,
bitten wir: Herr, erbarme dich.
Können wir glauben, auch wenn wir nicht sehen?
Für alle, denen in der Ukraine alles genommen wurde,
denen keine Hoffnung bleibt,
die ohne Aussicht auf Heilung oder Hilfe sind,
bitten wir: Herr, erbarme dich.
Können wir glauben, auch wenn wir nicht sehen?
Für alle, die sich selbst verloren haben in Verschwörungstheorien;
Für Alle, die Lüge und Wahrheit nicht mehr auseinanderhalten wollen;
für die, die Alle verachten, die anders sind,
und die blind geworden sind für die Weite und Würde
und für die Widersprüche des Lebens,
bitten wir: Herr, erbarme dich.
Guter Gott,
wir bitten dich für deine Johann-Sebastian-Bach-Gemeinde.
Wir bitten dich für unsere Verstorbenen: sie stehen im Buch des Lebens und haben jetzt Frieden bei dir. Schenke ihren Familien Kraft und Trost, denn in dir wird das Undenkbare wahr:
der Tod ist zur Tür ins Leben geworden.
Lass uns immer wieder neu vertrauen auf deine Zusage, dass du bei uns bist.
Schenke uns immer wieder neu die Erfahrung deiner Gegenwart
Und lass uns mit Thomas bekennen: mein Herr und mein Gott!
Amen.
Durch die Taufe sind wir Gottes Kinder. Und deshalb dürfen wir beten, wie Christus uns gelehrt hat:
Vater Unser
Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.
Lied
„Er ist erstanden, Halleluja“ (EG 116, 1, 2, 5)
https://www.youtube.com/watch?v=Eslq641T7S8
Segen
Geht als Gesegnete des Herrn:
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
♪ Amen, Amen, Amen.
Informationen:
Am Samstag, dem 30. April tagt die Kreissynode Steglitz in der Patmos-Kirchengemeinde. Im Mittelpunkt der Beratungen stehen das kreiskirchliche Konzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und die Verlängerung des Kita-Solidarsystems um weitere fünf Jahre. Ebenso werden die Synodalen über den aktuellen Stand der Arbeit mit Geflüchteten informiert. Die Ergebnisse der Tagung finden Sie im Anschluss auf der Homepage des Kirchenkreises: www.kirchenkreis-steglitz.de/kreissynode
Kollekten der letzte Woche:
Gründonnerstag: Interreligiöser Dialog - 20,00 Euro, Gemeindearbeit - 22,20 Euro
Karfreitag: Hospiz- und Trauerarbeit - 109,10 Euro, Ukraine - 237,25 Euro
Ostersonntag: Arbeit mit Migranten - 263,35 Euro, Kirchenmusik - 163,50 Euro
Den Abendmahlsgottesdienst am nächsten Sonntag feiern wir mit Taufe mit Pfarrerin Brigitte Schöne und Karin Bocher an der Orgel.
heutige Kollektensammlung: Kollekten sammeln wir heute für den kirchlichen Fernunterricht (weitere Informationen unter: www.kfu-ekmd.de) und für den Besuchsdienst in unserer Gemeinde.
Spendenkonto: IBAN: DE34 5206 0410 1803 9663 99
BIC: GENODEF1EK1
Kennwort: Kollekte 24.4.2022
Wir leiten Ihre Kollekte ggf. weiter! Gern senden wir auch eine Spendenbescheinigung zu.