Andacht, Lieder, Fürbitten von Prädikant Hajo Fentz
Liebe üben
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet: das Rechte tun, Liebe üben und bewusst den Weg gehen mit deinem Gott.“
Der heutige Wochenspruch – er ist auch der Predigttext – steht im Ersten Testament beim Propheten Micha, und er mahnt uns: ihr Menschen, ihr wisst doch eigentlich ganz genau, was richtig und was falsch ist. Denn nicht nur, aber auch die Bibel zeigt uns Wege auf zum guten Leben, zu einem Umgang miteinander in Würde und Respekt, in Liebe und Frieden.
Lied
Auf, Seele, Gott zu loben (EG 690)
Auf Seele, Gott zu loben gar herrlich steht sein Haus!
Er spannt den Himmel droben gleich einem Teppich aus.
Er fährt auf Wolkenwagen, und Flammen sind sein Kleid.
Windfittiche ihn tragen, zu Diensten ihm bereit.
Gott hat das Licht entzündet, er schuf des Himmels Heer.
Das Erdreich ward gegründet, gesondert Erd und Meer.
Die kühlen Brunnen quellen aus jauchzend grünem Grund,
Die klaren Wasser schnellen aus Schlucht und Bergesgrund.
Lass dir das Lied gefallen: mein Herz in Freuden steht.
Dein Loblied soll erschallen solange mein Odem geht.
Du tilgst des Sünders Fehde und bist mit Gnade nah.
Lob Gott, o meine Seele, sing ihm Halleluja.
https://music.youtube.com/watch?v=fMvnyPn8qk4
Anstelle des Psalms lesen Sie aus dem 1. Korintherbrief das
Hohelied der Liebe (1. Kor. 13)
Stellt euch vor: ich kann die Sprachen der Menschen sprechen und sogar die Sprachen der Engel.
Wenn ich keine Liebe habe, bin ich wie ein dröhnender Gong oder ein schepperndes Becken.
Oder stellt euch vor: ich kann reden wie ein Prophet, kenne alle Geheimnisse und habe jede Erkenntnis.
Oder sogar: ich besitze den stärksten Glauben – sodass ich Berge versetzen kann.
Wenn ich keine Liebe habe, bin ich nichts.
Stellt euch vor: ich verteile meinen gesamten Besitz.
Oder ich bin sogar bereit, mich bei lebendigem Leib verbrennen zu lassen.
Wenn ich keine Liebe habe, nützt mir das gar nichts.
Die Liebe ist geduldig. Gütig ist sie, die Liebe.
Die Liebe ereifert sich nicht. Sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf.
Sie ist nicht unverschämt. Sie sucht nicht den eigenen Vorteil.
Sie ist nicht reizbar und trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht, wenn ein Unrecht geschieht.
Sie freut sich aber, wenn die Wahrheit siegt.
Sie erträgt alles. Sie glaubt alles.
Sie hofft alles. Sie hält allem stand.
Die Liebe hört niemals auf.
Gebet
Treuer Gott,
du hältst uns geborgen in deiner Hand und machst das Dunkle in uns hell.
Verwandle unsere Sorgen, unsere Lasten und alles, was uns lähmt,
in Zuversicht und Lebensfreude.
Lass uns unseren Weg mit dir bewusst gehen,
damit wir dich loben für das Leben und dir danken für alle geschenkte Zeit.
Amen.
Evangelium
Markus-Evangelium Kapitel10, Verse 2-9
Einige Pharisäer kamen zu Jesus und fragten ihn: „Darf sich ein Mann von seiner Frau scheiden lassen?“ Damit wollten sie Jesus auf die Probe stellen. Jesus antwortete: „Was hat euch Mose vorgeschrieben?“ Da sagten die Pharisäer: „Mose hat erlaubt, dass ein Mann seiner Frau eine Scheidungsurkunde ausstellt und sie wegschickt.“
Jesus erwiderte: „Nur weil ihr euer Herz gegen Gott verschlossen habt, hat Mose euch dieses Gebot gegeben. Aber vom Anfang der Welt an hat Gott die Menschen als Mann und Frau geschaffen. Deshalb verlässt ein Mann seinen Vater und seine Mutter und verbindet sich mit seiner Frau. Die zwei sind dann eins mit Leib und Seele. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ganz eins. Was Gott so verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen.“
Evangelium unseres Herrn Jesus Christus.
Lied
Wir glauben Gott im höchsten Thron (EG 184)
Wir glauben Gott im höchsten Thron, wir glauben Christum, Gottes Sohn,
aus Gott geboren vor der Zeit, allmächtig, allgebenedeit.
Wir glauben Gott, den Heilgen Geist, den Tröster, der uns unterweist,
der fährt, wohin er will und mag, und stark macht, was daniederlag.
Den Vater, dessen Wink und Ruf das Licht aus Finsternissen schuf,
den Sohn, der annimmt unsre Not, litt unser Kreuz, starb unsern Tod.
Der niederfuhr und auferstand, erhöht zu Gottes rechter Hand,
und kommt am Tag, vorherbestimmt, da alle Welt ihr Urteil nimmt.
Den Geist, der heilig insgemein lässt Christen Christi Kirche sein,
bis wir, von Sünd und Fehl befreit, ihn selber schaun in Ewigkeit.
Amen.
https://www.youtube.com/watch?v=tjXuU9GOqNI
Predigt
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Liebe Gemeinde,
Viele der Ü65-Generation erinnern sich noch an eine ganz bestimmte Fernsehwerbung, denn seitdem wissen wir, was ein Mann braucht. Nämlich 3 Dinge: Feuer, Pfeife, Stanwell. Loriot hat in den 60igern mehrere Comics dafür gezeichnet, und auch Hans-Joachim Kulenkampff trat damals als prominenter Werbeträger für die Tabakmarke auf. Nebenbei: nicht nur der Fernseher war damals schwarz-weiß, das Geschlechterbild war es auch: der Mann braucht 3 Dinge, die Frau braucht den Mann um den sie sich hingebungsvoll zu kümmern hat: als Hausfrau, als Gattin und als Mutter seiner Kinder.
Dreiklänge tiefsinnigerer Art finden wir in der Bibel:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben (…) und deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Lukas 10) Also: Gottesliebe, Nächstenliebe, Eigenliebe.
Oder: „Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung, Liebe – diese drei. Doch am größten von ihnen ist die Liebe.“ (1. Kor. 13)
Oder eben: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet: das Rechte tun, Liebe üben und bewusst den Weg gehen mit deinem Gott.“ (Micha 6).
Dieses Bibelwort – der heutige Wochenspruch – stammt vom Propheten Micha und ist ca. 2800 Jahre alt. Micha lebt in Moreschet, einem Vorort von Jerusalem auf dem Weg von der heutigen Westbank hin zum Gaza-Streifen. Dort ist er wohl so etwas wie der Bürgermeister. Micha hält seine Augen und Ohren offen und bemerkt die zunehmenden sozialen Spannungen und die heftigen Konflikte, die sich daraus ergeben. Er sieht, wie die Reichen und Einflussreichen geltendes Recht beliebig aushebeln, Gebote und Vorschriften für sich umbiegen und sich so jeden erdenklichen Vorteil verschaffen. Micha sorgt sich um den inneren Frieden im Land. Er macht seinen Mund auf und wird zum Propheten Gottes in jeder Zeit. Er mischt sich ein und wird politisch: er nennt Unrecht und Korruption deutlich beim Namen: „es ist dir gesagt, Mensch…“
Die zweite berühmte Bibelstelle aus dem Micha-Buch steht in einem inhaltlichen Zusammenhang. Es ist Michas Vision vom Frieden in der Welt – und auch sie ist hoch politisch:
„Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden zukünftig nicht mehr lernen, Krieg zu führen."
Beide Wünsche, der nach innerem und der nach äußerem Frieden, werden – das wissen wir – Utopie bleiben. Und sie werden sich – das glauben wir – erst in Gottes neuer Welt verwirklichen: erst da wird Niemand mehr auf Kosten anderer leben, erst da gibt es Gerechtigkeit, erst da wird Niemand mehr lernen, Krieg zu führen…
Mahnerinnen und Mahner wie Micha gab und gibt es zu allen Zeiten. Ihnen zuhören, geschweige denn: auf sie hören wollten und wollen nur Wenige. Gottes Gebote: welche Gebote denn? Liebe üben: das ist doch nur was für Schwächlinge. Früher wie heute läuft man deshalb gerne und immer zahlreicher den Rattenfängern mit den einfachen schwarz-weiß-Lösungen hinterher:
Da schwurbelt die AfD von „Remigration“ und bekommt damit immer größere Zustimmung – übrigens gerade in den Bundesländern, wo es kaum was zu remigrieren gäbe. Das „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ – kennen wir ja spätestens seit den 4 Tagen von Rostock-Langenhagen 1994, wo ein rechter Mob das Flüchtlingsheim anzündete und die Polizei kapitulierte und zuschaute. Auch der Antisemitismus greift wieder erschreckend um sich.
Vom Frieden sind auch die Menschen in der Ukraine, in Israel, in Palästina und im Libanon weiter entfernt denn je. Der Hass zwischen Israelis und Palästinensern wird mit jedem Terrorakt und mit jeder neuen Offensive größer. Und Gott – Allah – ist immer mit dabei, denn mit einem religiösen Etikett lassen sich Terror und Gewalt doppelt so gut legitimieren. Und mit jeder Eskalation eskaliert auch das Leid derer, die den Machtspielen der Mächtigen hilflos ausgeliefert sind.
Mein bester Freund war bis vor ein paar Jahren Pfarrer an der evangelischen Gemeinde in Beirut. Ein paar Mal habe ich ihn besucht. Auf einer unserer Fahrten durch das wunderschöne Libanongebirge kamen wir auch durch ein paar schiitische Dörfer. Das Erste, was uns auffiel, waren haushohe Gedenkportale über der Straße. Darauf abgebildet waren die jungen Söhne des Dorfes, die im Kampf gegen Israel gestorben waren. Der Hass ihrer Eltern und Großeltern hat sie – so der Schiiten-Sprech – zu Märtyrern gemacht, die jetzt bei Gott im Paradies sind. Durch Terror zu Gott: was für ein perverser Glaube!
Hass kann man lehren, und Hass kann man lernen. Hass wird solange gelehrt und gelernt, bis er irgendwann ganz automatisch die Seele infiltriert und alles Menschliche zerstört. Wir Deutschen wissen das besonders gut, denn „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“. 1944 dichtet das Paul Celan in seinem Gedicht „Todesfuge“.
Micha nun schreibt uns den Gegenentwurf auf, den Lehrplan, das Rezept und den Dreiklang: gegen Hass und für inneren und äußeren Frieden. Auch der ist vererbbar, wenn er gelehrt und gelernt wird:
„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir erwartet: das Rechte tun, Liebe üben und bewusst den Weg gehen mit deinem Gott.“
Liebe üben!
Liebe ist der Schlüssel zu allem, denn im Gegensatz zum Hass will sie das Gute: „die Liebe erträgt alles. Sie glaubt alles. Sie hofft alles. Sie hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.“
Zum Schluss eine zugleich ganz kleine und doch ganz große Geschichte, die mich sehr bewegt hat. Vor einiger Zeit habe ich sie im Deutschlandfunk gehört. Sie erzählt von zwei Vätern, einem israelischen und einem palästinensischen. Ihre beiden Söhne stehen sich bei einer Armee-Patrouille plötzlich gegenüber, und der junge israelische Soldat erschießt den gleichaltrigen Palästinenser. Beim folgenden Schusswechsel verliert auch der Soldat das Leben. Warum und wieso weiß ich nicht mehr, aber die Väter dieser beiden Jungs treffen sich. Beide trauern um ihre Söhne, und zunächst finden sie keine Worte. Endlich bricht einer der Beiden das Schweigen und stockend fangen sie an zu erzählen: über ihre Söhne, über ihre Trauer, über ihr Leben. Langsam kommen sie sich näher und beginnen einander zu verstehen. Sie beginnen, einander zu vertrauen, und: sie vergeben einander. Mit Tränen in den Augen fassen sie einen Plan: wir Beide, der Israeli und der Palästinenser, der Jude und der Moslem, wir Beide gehen gemeinsam in die Schulen, und wir erzählen den Kindern unsere Geschichte: die Geschichte des Hasses, die Geschichte unserer Versöhnung, die Geschichte von der Liebe, von Vergebung und Verzeihn.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Lied
Wie ein Fest nach langer Trauer (EG 666)
Wie ein Fest nach langer Trauer, wie ein Feuer in der Nacht.
Ein offnes Tor in einer Mauer, für die Sonne auf gemacht.
Wie ein Brief nach langem Schweigen, wie ein unverhoffter Gruß.
Wie ein Blatt an toten Zweigen, ein-ich-mag-dich-trotzdem-Kuss.
Ref.: So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeihn. (2x)
Wie ein Regen in der Wüste, frischer Tau auf dürrem Land.
Heimatklänge für vermisste, alte Feinde Hand in Hand.
Wie ein Schlüssel im Gefängnis, wie in Seenot - Land in Sicht.
Wie ein Weg aus der Bedrängnis wie ein strahlendes Gesicht. Ref.
Wie ein Wort von toten Lippen, wie ein Blick der Hoffnung weckt.
Wie ein Licht auf steilen Klippen, wie ein Erdteil neu entdeckt.
Wie der Frühling, wie der Morgen, wie ein Lied, wie ein Gedicht.
Wie das Leben, wie die Liebe, wie Gott selbst das wahre Licht. Ref.
https://www.youtube.com/watch?v=f8MJ4spXs3w
Fürbitte
Treuer Gott,
Du hast uns gesagt, was gut ist. Bleib an unserer Seite und erbarme dich.
Mach ein Ende mit den Tyrannen und Diktatoren der Welt,
denen es nur um ihre eigene Macht geht, und die dafür ihre eigenen Völker unterdrücken.
Bringe die Spötter zum Schweigen, die nur ihre Wahrheit kennen, auch wenn sie Lüge ist; lass die verstummen, die Hass säen und alle verhöhnen, die anderer Meinung sind.
Treuer Gott, erbarme dich.
Bringe zu Fall, die Kriege anzetteln, die Leid und Verwüstung über andere Länder und Völker bringen, die Krankenhäuser und Staudämme zerstören und ohne Rücksicht töten.
Sieh auf deine geschundene Schöpfung; auf die brennenden Wälder, die überfluteten Länder, die schmelzenden Gletscher, die untergehenden Inseln.
Treuer Gott, erbarme dich.
Schenke deine heilende Kraft den Kranken und allen, die ihnen beistehen;
den Ratlosen und allen, die ihnen raten;
den Verzweifelten und allen, die trösten.
Öffne unsere Herzen für die, die unsere Hilfe brauchen und die auf uns warten.
Treuer Gott, erbarme dich.
Du schenkst Versöhnung und Vergebung, bei dir ist der Friede.
Bleib an unserer Seite, treuer Gott.
Geh alle Tage mit uns, Jesus Christus.
Verwandele die Welt durch die Liebe und deinen Heiligen Geist.
Amen.
Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Lied
Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten.
Es ist ja doch kein anderer nicht, der für uns könnte streiten,
denn du unser Gott alleine.
Segen
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Amen.
Mit herzlichen Grüßen, Hajo Fentz
Informationen
Den Gottesdienst am nächsten Sonntag feiern wir mit Pfarrer Ost und Dorina Adelsberger an der Orgel.
Kollektensammlung
Heute sammeln wir für die Kunst- und Kulturarbeit der Landeskirche (Kunstbeauftragter u. Stiftung St. Matthäus zu je ½ ) sowie für die Besuchsdienstarbeit in unserer Gemeinde, z.B. Erntedanktüten und Geburtstagskaffee (im Oktober mit über 50 Personen)
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Kennwort: Kollekte 13.10.2024
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