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Psalm, Lieder und Gebet von Pfarrer Oliver Matri, Predigt von Pfarrerin Brigitte Schöne


Biblischer Vers für die Woche: „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit." Psalm 145,15

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Erntedank – das ist für viele von uns Stadtbewohnern etwas abstrakt, weil wir von der Erntezeit kaum etwas mitbekommen. In dem Dorf in Niedersachsen, in dem ich aufwuchs, war das ganz anders: Da fuhren riesige Landmaschinen durchs Dorf und man konnte sie auf den umliegenden Feldern arbeiten hören, manchmal bis spät in die Nacht. Wenn die Ernte reif war, musste sie eingebracht werden, bevor der nächste Regen kam. Und wenn das geschafft war, waren die Landwirte erleichtert, und dankbar.

Dankbarkeit ist das Stichwort zu Erntedank: Heute ist Gelegenheit dazu, sich wieder neu bewusst zu werden, wie dankbar wir sein können für alles, was wir haben. Und Gott dafür zu danken – weil seine Schöpfung die Grundlage ist für alles, was wir zum Leben brauchen.

 

Lied

Wir pflügen und wir streuen (EG 508)

1. Wir pflügen und wir streuen
den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen
steht in des Himmels Hand:
Der tut mit leisem Wehen
sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen,
Wuchs und Gedeihen drauf.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt,
drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!

2. Er sendet Tau und Regen
und Sonn- und Mondenschein,
er wickelt seinen Segen
gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behände
in unser Feld und Brot:
Es geht durch unsre Hände,
kommt aber her von Gott.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt,
drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!

3. Was nah ist und was ferne,
von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne,
der Sperling und das Meer.
Von ihm sind Büsch und Blätter
und Korn und Obst von ihm,
das schöne Frühlingswetter
und Schnee und Ungestüm.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt,
drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!

4. Er lässt die Sonn aufgehen,
er stellt des Mondes Lauf;
er lässt die Winde wehen
und tut den Himmel auf.
Er schenkt uns so viel Freude,
er macht uns frisch und rot;
er gibt den Kühen Weide
und unsern Kindern Brot.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn,
drum dankt ihm, dankt,
drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!

 

Psalm 104

Lobe den Herrn, meine Seele!
Herr, mein Gott, du bist sehr groß!
Du lässest Brunnen quellen in den Tälern,
dass sie zwischen den Bergen dahinfließen,
dass alle Tiere des Feldes trinken
und die Wildesel ihren Durst löschen.
Darüber sitzen die Vögel des Himmels
und singen in den Zweigen.
Du tränkst die Berge von oben her,
du machst das Land voll Früchte, die du schaffest.
Du lässest Gras wachsen für das Vieh
und Saat zu Nutz den Menschen,
dass du Brot aus der Erde hervorbringst,
dass der Wein erfreue des Menschen Herz
und sein Antlitz glänze vom Öl
und das Brot des Menschen Herz stärke.
Es wartet alles auf dich,
dass du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit.
Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie;
wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt.
Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie;
nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder Staub.
Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen,
und du machst neu das Antlitz der Erde.
Ich will dem Herrn singen mein Leben lang
und meinen Gott loben, solange ich bin.

 

Gebet

Bitten wir Gott um sein Erbarmen.

Gott,
du gibst uns so viel Gutes: 
Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf, Mitmenschen… 
all das hast du geschaffen.
So oft weiß ich das nicht zu schätzen
setze es als selbstverständlich voraus.
Statt dankbar zu sein,
sehe ich das, was mangelt.
Dann trage ich meinen Teil bei 
Statt zufrieden zu sein, mit dem, was ich habe,
will ich mehr.
Gott, erbarme dich.

 

Gnadenzuspruch

Jesus Christus spricht: „Euer Vater im Himmel lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Gottes Liebe gilt den Dankbaren und den Undankbaren gleichermaßen.

 

Gebet

Gütiger Gott, barmherziger Vater,
wir danken dir für unser tägliches Brot,
für die Früchte des Feldes,
für alles, was du hast gedeihen und gelingen lassen.
All das sind Zeichen deiner Liebe.
Gib uns Einsicht und Klugheit,
mit deinen Gaben so umzugehen,
dass viele sich daran freuen und dich ehren.
Darum bitten wir dich im Namen deines Sohnes Jesus Christus,
der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und Leben schafft,
jetzt und in Ewigkeit.    
Amen

 

Evangelium

Markus 8, 1-9

Zu der Zeit, als wieder eine große Menge da war und sie nichts zu essen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Mich jammert das Volk, denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen. Und wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen. Seine Jünger antworteten ihm: Woher nehmen wir Brot hier in der Einöde, dass wir sie sättigen? Und er fragte sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben. Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, dass sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus. Sie hatten auch einige Fische; und er sprach den Segen darüber und ließ auch diese austeilen. Und sie aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll. Es waren aber etwa viertausend; und er ließ sie gehen.

 

Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde,
und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben. Amen.

 

Lied

Wenn das Brot, das wir teilen (SJ 179)

1. Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht
und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt.
Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht
in der Liebe die alles umfängt,
in der Liebe die alles umfängt.

2. Wenn das Leid jedes Armen uns Christus zeigt
und die Not, die wir lindern, zur Freude wird,
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt.
Ja, dann schauen wir ...

3. Wenn die Hand, die wir halten, uns selber hält
und das Kleid, das wir schenken, auch uns bedeckt,
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt.
Ja, dann schauen wir ...

4. Wenn der Trost, den wir geben, uns weiter trägt
und der Schmerz, den wir teilen, zur Hoffnung wird,
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt.
Ja, dann schauen wir ...

5. Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist
und der Tod, den wir sterben, vom Leben singt,
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt.
Ja, dann schauen wir ...

 

Predigt

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Bruder und Heiland Jesus Christus.

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder heute am Erntedank-Tag.

Ernte und Dank. Das gehört zusammen.

Eine überwältigende Menge an Früchten konnten und können wir in diesem Jahr ernten. Die Pflaumenbäume waren so prall gefüllt, dass ihnen die Äste abbrachen. Äpfel gibt es in Hülle und Fülle. Mein Nachbar staunte über die Üppigkeit der Kürbisse in seinem Garten – das hatte er noch nie. Am Erntedank-Sonntag holen wir die Fülle und Pracht sozusagen beispielhaft in unsere Kirche. Katja Tobolewski hat uns den Altar mit dem geschmückt, was für uns Zeichen der Gottesgaben sind: Brot und Weintrauben. Danke Katja. Es ist schön anzusehen und stimmt uns freudig.

Ja, Gottes Gaben.

An diesem Sonntag nehmen wir uns Zeit, dafür zu danken, dass wir so viel und dass wir immer wieder in Fülle haben. Bleiben wir mal nur beim Leiblichen: Wir haben zu essen und zu trinken. Wir können wählen. Wir können uns vieles leisten. Wir können sogar verschwenden was das Zeug hält. Wir können Menschen einladen. Wir können abgeben.

Es gibt ja noch viel mehr Grund zu danken: Uns ist manches Gutes widerfahren in den vergangenen Monaten. Wenn wir die Zeit seit dem letzten Erntedankfest am inneren Auge vorbeiziehen lassen, ist da manches, woran unser innerer Blick hängen bleiben kann. Große Ereignisse, kleine Alltagsunterbrechungen. Alles bis heute nicht vergessen. Wir erinnern uns an dieses und jenes, was uns Menschen in nah und fern getan haben und wir sind ihnen dankbar. Und manchmal denken wir dabei auch an Gott, weil da noch ein anderer Raum zu spüren ist, eine andere Kraft als die unsere, als die der Menschen.

Seit dem letzten Erntedankfest sind wir aber auch stiller geworden, verzagter, mutloser. Es macht sich tröpfelnd eine gewisse Ohnmacht in uns breit. Und nicht nur in uns: Sie geht über unsere persönliche Sphäre hinaus, ist in unserer Gesellschaft zu spüren und ebenso da und dort über unsere Landesgrenzen hinweg. Fast scheint es, als ziehe über unseren Planeten ein feiner grauer Schleier. Die Gesellschaften geraten in Spaltungen. Wir können nicht mehr miteinander reden. Es scheint, als würden wir Menschen in unserer schönen einen Welt wie auf vielen und völlig verschiedene Planeten leben.

Wir betrachten das und fühlen uns – ja: ohnmächtig.

Gestern fand hier in unserer Stadt eine große Demonstration statt. Sie galt den Palästinensern in Gaza. Denn die Menschen – wir - können das Leid dort schon lange nicht mehr ertragen. Nicht nur hier in Berlin ist das so. Wir haben viele Demonstrationen gesehen - in zahlreichen Städten Europas und auch weltweit. Nicht selten schlugen sie um in wütende Gewalt. Verzweifelte Ohnmacht sucht Entlastung.

Wie viele andere auch fragen wir uns: Woher kommt uns Hilfe? Was kann uns aus unserer Hilflosigkeit herauslösen? Was kann uns in gute und Horizonte-öffnende und also wohltuende Aktivität bringen? Gibt es nicht irgendwo eine Handlungsanweisung dafür? Eine, die hält, was sie verspricht? Damit wir wieder Licht sehen und gute Zukunft?

Wir, liebe Gemeinde, können aus dem Schatz tausender Jahre schöpfen. Wir haben die Bibel und können lesen. Tun wir es also. Und wir werden entdecken:

Genau der Abschnitt aus dem Buch des Propheten Jesaja, gegeben für den heutigen Erntedanktag, kann uns hoffnungsvolle Botschaft sein. Er sagt uns – in aller Kürze zusammengefasst – Ihr könnt handeln und ihr solltet handeln! Und ihr seid dabei mit Gott eng verbunden.

Der Prophet Jesaja wird dabei ganz konkret bezüglich der Handlungsmöglichkeiten. Für ihn gibt es Wege - hinein in das gute Leben. Der Ohnmacht begegnet er mit einer Frage, die schon die Antwort in sich trägt.

Ich lese uns die Übersetzung der Züricher Bibel (Jesaja 58, 7-12).

Bedeutet es nicht, dem Hungrigen dein Brot zu brechen und dass du Arme, Obdachlose ins Haus bringst? Wenn du einen Nackten siehst, dann bedeck ihn, 
und deinen Brüdern sollst du dich nicht entziehen! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie das Morgenrot, und rasch wird deine Heilung gedeihen, vor dir her zieht deine Gerechtigkeit, und deine Nachhut ist die Herrlichkeit des HERRN. Dann wirst du rufen, und der HERR wird antworten, du wirst um Hilfe rufen, und er wird sprechen: Sieh, hier bin ich! Wenn du aus deiner Mitte das Joch entfernst, das Zeigen mit dem Finger und die unrechte Rede und dem Hungrigen gewährst, was du selbst zum Leben brauchst, und satt machst den, der gedemütigt ist, dann wird dein Licht aufstrahlen in der Finsternis, und deine Dunkelheit wird sein wie der Mittag. Und allezeit wird der HERR dich leiten, und in dürrem Land macht er dich satt, und deine Knochen macht er stark. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, deren Wasser nicht trügen. Und die von dir abstammen, werden die uralten Trümmerstätten aufbauen, die Grundmauern vergangener Generationen wirst du aufrichten. Und du wirst Der-die-Bresche-zumauert genannt werden, Der-Pfade-wieder-herstellt-damit-man-wohnen-kann.

Gott segne an uns sein Wort.

Raus aus der Ohnmacht - handelt!

Die kurze und prägnante Anweisung des Jesaja für eine bessere Welt ist: Handelt! Und dann zählt er Dinge auf, die für jeden von uns in unserer je eigenen Situation machbar sind: Den Menschen zu essen zu geben. Den Menschen ein Dach über dem Kopf geben. Den Menschen Kleidung geben. Jede und jeder nach dem Maß seiner Möglichkeiten. Überforderung ist hier nicht die Anweisung. Es geht darum, den Menschen das zukommen zu lassen, was allgemeines Menschenrecht ist! Und daran können wir alle Teil haben.

Denn: Wir können ja teilen. Wir können schlicht jemandem ein Essen kaufen, eine Jacke oder Schuhe geben. Wir können ehrenamtlich tätig werden. Wir können von unseren Einkommen abgeben. Wir brauchen nicht einmal neue Strukturen zu schaffen: Die gibt es ja schon. zahlreich. Wir können uns in diese einfügen. Wir tun das schon - wir sollen es weiter tun. Sollen nicht aufgeben, auch wenn  es scheint, als wäre mein kleiner Anteil nur ein Tröpflein auf dem heißen Stein.

Jesaja erinnert daran, wie Menschen füreinander handeln können. In seinen Augen ist das auch Dienst für Gott, es ist Gottesdienst. Und es geschieht etwas dabei. Jesaja beschreibt es in wunderbar poetischen Worten: Dann wird dein Licht hervorbrechen wie das Morgenrot, und rasch wird deine Heilung gedeihen, vor dir her zieht deine Gerechtigkeit, und deine Nachhut ist die Herrlichkeit des HERRN.

Wir sind Lichtbringer

Wir sind Lichtbringer. Ist das nicht schön? Wir sind ein Licht wie das Morgenrot, das wir in diesen Tagen immer wieder so schön sehen können. Wir werden zum Lichtblick für die anderen. Manchmal sehen wir selbst das gar nicht, doch unser Licht ist dennoch da: Wir wirken, wenn wir aktiv werden. Jesaja sagt uns noch mehr zu. Wir sind Gerechtigkeitsbringer! In unserem kleinen und begrenzten Tun liegt ein richtig großes Tun: Wir selbst schaffen Gerechtigkeit. Wir selbst bringen Gerechtigkeit in unsere Welt. Wir Menschen können es tun. Gott hat uns dazu befähigt.

Und das ist noch nicht alles: Wir haben dazu nicht nur unsere Kraft. Vielmehr ist mit uns eine viel größere Kraft. Gott sagt uns zu, ganz bei uns zu sein. Wie es bei Jesaja heißt: Dann wirst du rufen, und der HERR wird antworten, du wirst um Hilfe rufen, und er wird sprechen: Sieh, hier bin ich!

Die Stichworte für den Weg aus der Ohnmacht hinaus sind also: Handeln – Licht – Gerechtigkeit – Gott.

Damit werden wir nicht die Welt retten. Das liegt bei Gott. Damit werden wir aber Licht in die Welt bringen. Gotteslicht.

Der andere Blick

Jesaja geht in einem weiteren Gedankengang auf etwas ein, was uns in unserem Alltag auch immer wieder sehr belastet: Menschen erheben sich übereinander. Sie ziehen Vorteil daraus, Anschuldigungen und Lügen zu verbreiten. Das aber bringt das Gefüge von Gemeinwesen in Not. Das lässt Gesellschaften zerbrechen. Wir erleben das in einem Maße, das wir nicht für möglich gehalten haben. Wir haben doch daran geglaubt, dass die Welt immer besser würde…

Auch hier hält uns Jesaja – als Kinder Gottes – für fähig, aktiv zu sein. Handlungsfähig zu werden und zu bleiben. Sind wir nicht alle in großer Ratlosigkeit angesichts einer Sprache der Wut und der Klage und der Beschuldigung? Da ist eine große Hilflosigkeit.

Doch es gibt auch hier Lichtblicke. Neulich hörte ich von einer Methode, die Menschen, die sich vorher nur extrem kontrovers und mit Schlagworten begegneten, wieder miteinander ins Gespräch bringt. Seit der Corona-Zeit kennen wir das: Völlig unterschiedliche Sichten auf die Dinge prallen auf einander, Konsens scheint unmöglich. Gruppen spalten sich in Lager. Familienmitglieder entfernten sich voneinander, Freundschaften zerbrechen.

Die Methode, die Licht ins Grau bringt, heißt „demoSlam“ Sie ist eigentlich sehr einfach: Erzähle die Geschichte, die hinter deiner Meinung steht. Erzähle, wie du zu Deiner Ansicht kommst. Es geht darum, einander zu verstehen anstatt zu überzeugen. An vielen Orten, wo es bisher nur Debatte aber nicht Dialog gab, wurde das von Evgenya Sayko erarbeitete Konzept angewandt. Menschen wandeln ihren Blick aufeinander. Verständigung wird möglich. Welch ein Segen! Mich stimmt das hoffnungsvoll. Es gibt also auch hier einen Weg aus der Ohnmacht! Was für ein Lichtblick.

Ein letzter Gedanke, der mich an dem biblischen Text fasziniert, ist: Am Erntedanktag ist hier nicht die Rede von der Ernte, die die Menschen einfahren, weil Gott so großzügig gibt. Jesaja verändert den Blickwinkel und sagt: Hier ist es Gott, der erntet! Erntedank nach diesem Text verstanden, ist die Ernte Gottes, der hinter seinen Menschen hergeht und anerkennend sammelt, was sie Gutes getan haben an den Bedürftigen. Er sammelt dabei kleine Früchte und ganz Große. Und manchmal nur winzige Bröckchen.  Und alles ist gut.  Oh, wie gut! Amen.

 

Lied

Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit (EG 502)

1. Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit! 
Lob ihn mit Schalle, werteste Christenheit! 
Er lässt dich freundlich zu sich laden; 
freue dich, Israel, seiner Gnaden, 
freue dich, Israel, seiner Gnaden!

2. Der Herr regieret über die ganze Welt; 
was sich nur rühret, alles zu Fuß ihm fällt; 
viel tausend Engel um ihn schweben, 
Psalter und Harfe ihm Ehre geben, 
Psalter und Harfe ihm Ehre geben.

3. Wohlauf, ihr Heiden, lasset das Trauern sein, 
zur grünen Weiden stellet euch willig ein; 
da lässt er uns sein Wort verkünden, 
machet uns ledig von allen Sünden, 
machet uns ledig von allen Sünden.

4. Er gibet Speise reichlich und überall, 
nach Vaters Weise sättigt er allzumal; 
er schaffet frühn und späten Regen, 
füllet uns alle mit seinem Segen, 
füllet uns alle mit seinem Segen.

 

Fürbitte

Gütiger Gott,
wir bitten dich für alle Menschen, die hungern, frieren oder kein Zuhause haben.
Schenke ihnen Mitmenschen, die ihnen mit offenen Händen begegnen,
die ihr Brot teilen, ihre Türen öffnen und ihre Würde achten.
Mach auch uns bereit, unsere Herzen zu öffnen und nicht wegzuschauen.
Herr, erbarme dich.

Gott des Friedens,
wir bitten dich für zerstrittene Familien, Nachbarschaften und Gemeinschaften.
Hilf uns, nicht mit dem Finger aufeinander zu zeigen, sondern nach Versöhnung zu suchen.
Lass uns erkennen, dass wir einander brauchen.
Herr, erbarme dich.

Treu sorgender Gott,
du hast verheißen, dass unser Licht aufstrahlt, wenn wir Gerechtigkeit üben.
Führe uns in dunklen Zeiten, stärke uns, wo wir schwach sind,
und heile, was in uns und in der Welt zerbrochen ist.
Lass dein Licht auch durch uns leuchten.
Herr, erbarme dich.

Schöpfer des Lebens,
du willst, dass das Zerstörte wieder aufgebaut wird und Leben neu erblüht.
Wir bitten dich für unsere Erde, für Städte in Trümmern,
für Orte voller Hoffnungslosigkeit:
Sende Menschen, die Wege ausbessern, Mauern heilen und Zukunft möglich machen.
Herr, erbarme dich.

Vaterunser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

Lied

Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)

Verleih uns Frieden gnädiglich, 
Herr Gott, zu unsern Zeiten. 
Es ist doch ja kein andrer nicht, 
der für uns könnte streiten, 
denn du, unser Gott, alleine.

 

Segen

Gott segne Dich und er behüte Dich.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf Dich und gebe Dir Frieden. Amen.

 

Mit herzlichen Grüßen, Pfarrer Oliver Matri und Pfarrerin Brigitte Schöne

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